Vom Strophium über Tuttenseck bis zum Push-Up BH – Die Entstehungsgeschichte der Dessous
Verspielt, romantisch, sexy oder frivol. Gefertigt aus Samt, Spitze, Leder oder Satin. Kein anderes Kleidungsstück lässt uns verführerischer fühlen als Dessous. So finden sich Dessous im Kleiderschrank fast jeder Frau. Es gibt sie in den unterschiedlichsten Formen und für die unterschiedlichsten Geschmäcker.
Doch seit wann tragen wir eigentlich Dessous? Wann wurde funktionale hygienische Unterwäsche ersetzt durch sexy Reizwäsche?
Bereits im alten Griechenland trugen Frauen ein sogenanntes Strophium, eine Brustbinde gefertigt aus Stoff oder Leder, um den Busen vorteilhaft zu formen und reizvoller aussehen zu lassen. Diese Art von antikem Push-Up BH wurde auch von den Römerinnen getragen. Nach dem Zerfall des Römischen Reiches geriet jedoch nicht nur Reizwäsche sondern Unterwäsche ganz allgemein erstmal in Vergessenheit. Im frühen Mittelalter wurde Unterwäsche komplett weggelassen und später lediglich ein Unterrock getragen. Einige wenige gut betuchte Frauen trugen außerdem einen Büstenhalter, der in seiner Form dem heutigen BH stark ähnelte. Dieser mittelalterliche BH wurde als Tuttenseck bezeichnet und hatte hauptsächlich einen stützenden Charakter. Erst in der Renaissance begannen wohlhabende Frauen wieder Unterwäsche zu tragen, die nicht einen rein funktionalen Charakter hatten. Im Gegensatz zur Antike war das Ziel der damaligen Schnürleibchen jedoch die weiblichen Rundungen zur verstecken um dem flachbrüstigen Schönheitsideal zu entsprechen. Später entwickelte sich daraus das Korsett, welches wiederum eine dünne Taille in den Vordergrund stellte.
Bis auf wenige Ausnahmen hatte Unterwäsche also lange Zeit einen funktionalen Charakter und war meist der reicheren Bevölkerungsschicht vorbehalten. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts konnte sich die breite Mehrheit der Bevölkerung Unterwäsche leisten. Erste Mode- und Erotiktrends begannen sich zu entwickeln. Der BH in seiner heutigen Form wurde kreiert und in den 1920er Jahren patentiert. Die Erfolgsgeschichte des Korsetts reichte noch bis ins 20. Jahrhundert, als Frauen ihren Komfort nicht länger aufgeben wollten um sich sinnlich und weiblich zu fühlen. Unterwäsche bestand meist aus günstiger Baumwolle oder Leinen. Erst ab den 1930er Jahren wurde Leinen abgelöst von Seide, Batist und Musselin, bis schließlich die Gummifaser elastische, stützende und zugleich bequeme Reizwäsche ermöglichte.
Das Wirtschaftswunder bescherte schließlich auch der Welt der Dessous einen Aufschwung. BHs wurden zum ersten Mal in den unterschiedlichsten Formen und Modellen angeboten, und der Push-Up BH entstand. Unterwäsche wurde transparent und verziert mit Spitze, Stickereien und Perlen. Zum ersten Mal konnte Frau zwischen rein funktionaler, sexy, gewagter, eleganter oder verspielter Unterwäsche wählen. Dessous und Lingerie waren endgültig geboren.
Während in den 1960er Jahren die Frauenbewegung gegen die Entwicklung der Reizwäsche protestierte und in den 1970er Jahren eher schlichte Unterwäsche angesagt war, erlebten Dessous ihren endgültigen Siegeszug in den 1980er Jahren.
Heute ist der Markt für Reizwäsche und Dessous riesig und stark umkämpft. Allein 2018 wurden in Deutschland 3 Milliarden Euro mit Damenunterwäsche umgesetzt. Push-up BHs oder auch Wonderbras setzen das Dekolletee besonders in Szene. In Schlafzimmern kommen je nach Geschmack Lederkorsetts, Strapsen oder Corsagen zum Einsatz. Dessous in den unterschiedlichsten Formen unterstreichen die Weiblichkeit und Sexualität. Sie dienen zur Auslebung sexueller Fantasien, tragen zum Selbstbewusstsein der Trägerin bei und beflügeln die Fantasie.